Bubble Stories 

Am Anfang der Projektarbeit stand das übergeordnete Thema der Schnittstellen im Fokus. Was wir genau damit definieren und womit wir uns schließlich über das gesamte Semesters beschäftigen möchten, sollten wir im Verlauf einer mehrtägigen Vortragsreihe und zwei Präsenz Workshops für uns herausfinden. Unabhängig voneinander interessierten wir uns bereits alle über die Schaffung von Möglichkeiten, um Menschen zusammenzubringen. 

Im ersten gemeinsamen Gespräch miteinander, haben wir ein zentrales Problem für uns identifiziert, welches vor allem in der heutigen Zeit spürbare Einflüsse in unserer demokratischen Gesellschaft hinterlässt. Die Rede ist von Bubbles – sogenannten Filterblasen. Sie sind ein soziales Phänomen und führen auf natürliche Weise dazu, dass sich Menschen mit ähnlichen Interessen, politischen Meinungen, Ideologien und beispielsweise auch bereits bei ähnlichen Sprachgebräuchen zu gemeinsamen Gruppen zusammenschließen. Diese Grundlage sorgt dafür, dass Menschen innerhalb einer Bubble demzufolge nur auf gleiche Meinungen und Weltanschauungen stoßen. Sie fühlen sich infolgedessen verstanden und validieren darüber ihre eigene Identität. Das Bedürfnis nach ständiger Bestätigung führt zu einem noch intensiveren Sicherheit- und Zugehörigkeitsgefühl. Je nach Ausprägungsgrad können sich diese Filterblasen mehr oder weniger von anderen Gruppierungen abgrenzen, was oftmals dazu führt, dass neben der gemeinsamen Überzeugung keine anderen Perspektiven Zugang zu diesen Bubbles finden. Das kann soweit gehen, dass betroffene Gesellschaftsgruppen den Dialog mit anderen Positionen verweigern – es kommt zu einer gestörten Kommunikation und einer Distanzierung der Menschen zueinander. 

In unserer Digitalen Welt (soziale Medien) wird dieses Phänomen durch kapitalistisch orientierte Algorithmen zusätzlich künstlich verstärkt. Die negativen Auswirkungen sind dadurch erheblich und lassen sich insbesondere in den letzten Jahren vermehrt in stark polarisierende Meinungsbilder beobachten. Die Polarisierung wird immer mehr durch radikale und extremistische Positionen geprägt. Zu Nutze machen sich das neben politischen Gruppen aus dem rechten Spektrum vornehmlich terroristische Netzwerke, aber auch geopolitische Akteure. Diese spalten nicht nur das Gefüge innerhalb einer Gesellschaft, sondern destabilisieren im großen Maßstab Demokratien auf dem gesamten Globus. 

Die Relevanz im Umgang mit Filterblasen ist für unsere Gruppe demnach immens bedeutsam. Dabei wollen wir sie als solche allerdings gar nicht kämpfen, da sie für viele Menschen einen sicheren Rückzugsort darstellen und die Förderung verschiedener Meinungsbilder überhaupt essentiell für demokratische Systeme sind. Uns geht es vielmehr um die Sichtbarmachung dieses Themenkomplexes und um die vorsichtige Annäherung von Filterblasen – soweit, dass sich eine gemeinsame Gesprächsgrundlage bilden kann, über diese Formen von Kommunikation stattfinden kann. Unsere Methodik sehen wir in der Schaffung von Erkenntnis-Erlebnissen und damit einhergehend die Aufbrechung von mentalen Strukturen. Gelingen soll das mit der Einbindung neuer Narrativen und der Sensibilisierung durch Aufklärung und Empathie. Hierfür wollen wir neben einer reinen Wissensvermittlung zu der Wirkungsweise und den Folgen von Filterblasen speziell auf persönliche Geschichten eingehen und diese in einem Workshop-Format anderen Menschen zugänglich machen. Teilnehmende sollen sich mit echten Perspektiven auseinandersetzen und verstehen, welche unterschiedlichen Beweggründe das Meinungsbild anderer Menschen beeinflussen kann. Das ist die Prämisse von Bubble Stories. Neue Perspektiven – durch neue Geschichten. 

Workshopaufbau 

1. Einführung 5-10 Min 

1.1 Die Teilnehmenden werden begrüßt. Zu diesem Zeitpunkt kann schon einmal bei eventuell aufkommenden technischen Schwierigkeiten geholfen werden 

1.2 Der grobe Ablauf des Workshops wird erklärt 

2. Check-In: Wie fühlst du dich? 20 Min 

2.1 Die Workshopleiter:innen stellen sich vor 

2.2 Die Teilnehmenden stellen sich vor. Dabei werden sie darum gebeten ihren Namen anzugeben, ihre aktuelle Gefühlswelt und Erwartungen an den Workshop zu erläutern. Die Redezeit pro Person beschränkt sich ca. auf eine Minute. 

3. Kommunikation: Wie wollen wir miteinander sprechen? 10 Min 

3.1 Durch eine kurze Präsentation werden ein paar Kommunikations-grundlagen erklärt, die bei sensiblen Gesprächen dabei helfen sollen, dass sich alle Teilnehmenden wohl fühlen ihre Geschichten zu teilen. 

3.2 Außerdem wird durch eine theoretische Aufarbeitung darauf eingegangen, wie eine friedliche und aufschlussreiche Debatte funktionieren kann. 

4. Einleitung des Gesprächthemas 10 Min 

Gemeinsam schauen wir uns ein 5-10-minütiges Video zum Thema an. Die Videos können entweder zum besseren Verständnis des Themas sorgen oder bereits erste persönliche Geschichten anderer Menschen einleiten 

5. Eigene Geschichten: Bubble Safe Space 30 Min 

5.1 Die Teilnehmenden, die zuvor im Fragebogen dieselben oder ähnliche Antworten gegeben haben, werden in Breakout Sessions zusammengebracht. Sie symbolisieren nun eine Bubble. Eine sachliche, außenstehende Person wird in jeden Raum mit eingebracht, die die Kommunikation innerhalb der Gruppe beobachtet, sich aber aus den Gesprächen raus hält. Außerdem steht sie unterstützend bei Fragen zur Verfügung. 

5.2 Nun geht es darum die Dynamiken, die innerhalb einer Bubble stattfinden, in dieser kleinen Runde stattfinden zu lassen. Die Teilnehmenden tauschen sich zunächst frei über ihre persönlichen Geschichten und ihre persönlichen Positionierungen aus, die das vorgegebene Thema betreffen. Die Vermutung ist, dass sie größtenteils einer Meinung sind und sich deshalb wohl, angenommen und sicher. Die eigene Bubble selbst ist nun Prüfinstanz. 

5.3 Den einzelnen Bubbles, die sich gebildet haben, wird nun die Aufgabenstellung gegeben, ihre persönliche Geschichten, die sie zuvor mit der eigenen Bubble besprochen haben, in einem Miroboard festzuhalten. Eventuell kann sich hier herausstellen, welche Hierarchien sich innerhalb der Bubble ergeben: Wer hört eher zu und wer folgt Anweisungen? Wer übernimmt die Führung? Sind alle gleichberechtigt? Sind alle auf gleiche Weise an der Aktion interessiert oder gibt es Menschen, die sich lieber verdeckt halten? 

6. Andere Geschichten: Bubble Tausch 10 Min 

Den einzelnen Bubbles, die sich gebildet haben, wird nun die Aufgabenstellung gegeben, ihre persönliche Geschichten, die sie zuvor mit der eigenen Bubble besprochen haben, in einem Miroboard festzuhalten. Eventuell kann sich hier herausstellen, welche Hierarchien sich innerhalb der Bubble ergeben: Wer hört eher zu und wer folgt Anweisungen? Wer übernimmt die Führung? Sind alle gleichberechtigt? Sind alle auf gleiche Weise an der Aktion interessiert oder gibt es Menschen, die sich lieber verdeckt halten? 

7. Geschichten im Gespräch: Bubble Austausch 1h 

7.1 Die Bubbles kommen zusammen. Alle werden dazu eingeladen ihre Geschichten in der gesamten Gruppe zu erzählen, wozu jedoch niemand gedrängt wird. 

7.2 Der:die Moderator:in greift zwischendurch immer wieder ein und bittet einzelne Proband:innen zu erklären, warum sie bestimmte Ansichten haben. Im besten Fall werden viele verschiedene Geschichten erzählt – und die Proband:innen genau dazu aufgefordert, um Positionen greifbarer und nachvollziehbarer zu machen, um neue Narrative zu schaffen. 

8. Stimmungsbild: Bubble Reflexion 30 Min 

Die Diskussion wird gestoppt. Die Teilnehmenden werden darum gebeten, im Miroboard festzuhalten, wie sie den Austausch wahrgenommen haben. Welche Geschichte hatte den größten Einfluss auf die eigene Perspektive? Gibt es Verständnis, Emotionen, Spaltung? Konnten die Argumente der anderen Seite überzeugen? Welche Geschichte hat besonders berührt? Hat sich die eigene Position durch die Diskussion nur noch gefestigt? Wurde die Diskussion als angenehm wahrgenommen oder entsteht ein Gefühl der Spaltung? 

9. Einordnung: Bubble Theorie 15 Min 

9.1 Ein theoretischer Teil am Ende des Workshops soll das Thema Bubbles und das kollektive Erlebnis im Workshop noch einmal einordnen. Bedürfnisse, mentale Strukturen und Filterblasen werden mit theoretischen Anleihen aufgearbeitet. 

9.2 Bubbles und mentale Strukturen werden durch Bezugnahme auf Vorkommnisse innerhalb des Workshop erklärt. Die Teilnehmenden werden im Anschluss mit einbezogen: Warum ist die Transformation von mentalen Strukturen so wichtig? Wie kann ein Austausch ermöglicht werden? Welche ‘guten’ Seiten einer Bubble lassen sich herausarbeiten? 


Sekundärquellen: 

I.L.A. Kollektiv (Hrsg): Das gute Leben für alle. Wege in die solidarische Lebensweise, München: oekom Verlag 2019 

Rosenberg, Marshall B.: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens, Junfermann Verlag 2016 

Tabino, Oliver : “Immer Trouble mit der Bubble”, Kolumne in: Marktforschung,de 08.03.2017,https://www.marktforschung.de/aktuelles/meinung/marktforschung/immer-trouble-mit-der-bubble/, Stand: 23.03.2022 

Projekt von: Vanice Devenich, Nara Capdeville Carneiro &  Minh Pham
Semesterprojekt “Schnittstelle”
Wintersemester 2021/22

bei Dr. Andrea Vetter

Comments (1)

  1. Peter Koenig

    Hallo Menschen,

    den Ansatz, Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Blasen miteinander zu verbinden, halte ich für sehr wichtig, um eine freie Gesellschaft funktional zu halten. Daher habe ich mich sehr gefreut, als ich diese Anleitung für ein Seminar gefunden habe. Ich arbeite als Respekt Coach und beschäftige mich beruflich mit dem Thema.
    Der Ansatz hier leidet aber an einem wesentlichen Punkt: Menschen, die über ihre Gefühle sprechen ( siehe Vorstellungsrunde) und sich GfK bedienen, sind Menschen aus derselben Bubble. Daher frage ich mich, wie könnte man ein solches Seminar gestalten, dass aber wirklich offen ist, für Menschen aus verschiedenen Blasen.
    Über Anregungen würde ich mich sehr freuen!

    besten Dank,

    Peter Koenig

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